Radreise 2015 - Teil 1 - Von Leipzig bis Prag

Der Reisebericht meines ersten größeren Abenteuers. Nach dem Abitur schwingen wir uns zu dritt auf unsere Fahrräder und fahren von Leipzig nach Venedig. Der Weg dorthin soll nicht, wie klassischerweise über die Alpen verlaufen. Stattdessen umgehen wir die Höhenmeter und umfahren das Gebirge östlich. Unsere Tour führt uns an vielen Hauptstädten Osteuropas entlang und beschert und viele interessante Begegnungen mit Einheimischen.

Reisebericht Radreise 2015 Fahrrad

Bevor wir mit dem eigentlich wichtigen Teil starten, möchte ich erst den Leuten danken, ohne die der Reisebericht, so wie er hier vor dir liegt nicht entstanden wäre.

Zu aller Erst sei da Johannes genannt, der die Tour organisiert und geplant hat und ohne den wir uns gar nicht erst auf die Reise begeben hätten. Dort kommt dann Jonas hinzu, der in allen hitzigen Momenten einen kühlen Kopf bewahrt hat. Auch ist es ihm und seinen Navigationsfähigkeiten zu verdanken, dass unsere Gemeinschaft eigentlich immer den richtigen Weg gefunden hat.

Beiden muss ich jedoch auch danken, dass sie mir immer die Zeit gegeben haben, die ich brauchte um täglich an diesem Bericht zu schreiben. Zugegebenermaßen, konnte ich mich so oft von unbequemeren täglichen Aufgaben drücken. Ein weiterer Dank, geht an alle jene, die mir bei der Korrektur geholfen haben und mit ehrlichen Meinungen zur stetigen Verbesserung dieses Tagebuchs beigetragen haben. Ganz besonders hervorzuheben sind hier Jenni und meine Mutter, die sich nach etlichen Überarbeitungen des Textes immer wieder die Mühe gemacht haben, ihn erneut zu lesen.

Euch allen ist es zu verdanken, dass aus diesem Manuskript, dass ich während der Reise in ein Notizheft geschmiert habe, ein kleiner Bericht entstanden ist. Nun wünsche ich dir, Leser viel Spaß mit meinem Reisebericht.

Die Reise

Tag 1 – Große Erwartungen

Montag, 6.07.2015 - Leipzig bis Meißen (95 km)

Unsere Taschen haben wir bereits am Vorabend gepackt, denn heute startet unsere große Fahrradtour nach Venedig.

So sitze ich bereits total in Aufbruchstimmung in der Stube und kann kaum erwarten, dass es losgeht. 6:00 Uhr ist es dann so weit. Es klingelt und Johannes steht vor der Tür. Sein Fahrrad ist bereits mit 4 Taschen stark beladen und auch ich habe nicht viel weniger Gepäck.

Nun heißt es nur noch schnell die Taschen auf das Fahrrad laden und los geht es. Ich verabschiede mich noch schnell von meiner Mutter, die ich für fünf Wochen nicht mehr wiedersehen werde.

Unser heutige Tagesziel ist Meißen. Dort lebt die Großmutter von Johannes und bei ihr dürfen wir heute übernachten.

Streng genommen, beginnt damit das richtige Abenteuer noch nicht heute. Wenn man weiß, dass man am Abend eine entspannte Übernachtungsmöglichkeit hat, dann ist es ja fast zu einfach. Zusätzlich fehlt uns auch noch unser dritter Reisepartner, Jonas, der erst in Dresden dazukommen wird.

Das Wetter ist heute mittelmäßig und weder zu warm noch zu kalt. Bei diesem idealen Fahrradwetter fahren wir also über die uns noch vertrauten Straßen in das Ungewisse.

Auf der einen Seite freue ich mich auf die Freiheit, die uns erwartet und darüber, die Verpflichtungen, von denen es ehrlicherweise, direkt nach dem Abitur nicht so viele gibt, für 5 Wochen hinter mir zu lassen.

Andererseits bin ich mir bewusst, den gewohnten Komfort für eine lange Zeit zu verlieren. Es werden Tage kommen an denen wir nicht wissen, wo wir abends schlafen können, oder was es zu Essen geben wird. Es wird Probleme mit dem Rädern und vielleicht sogar Unfälle geben. Das hofft natürlich keiner von uns, aber das ist das Risiko, dass wir eingehen müssen.

Die Straße nach Grimma ist sehr gut und erleichtert uns das Vorrankommen ungemein. Meine ersten Ängste, als jemand, der noch nicht viel Erfahrung mit so großen Touren hat sind so recht schnell verflogen, denn es geht unerwartet gut voran.

Aber so soll es nicht bleiben…

Nach etwa halber Wegstrecke irgendwo hinter Grimma stelle ich bei einem Blick auf mein Hinterrad Schlimmes fest. Die Speichen haben sich durch das hohe Gewicht teilweise gelockert und das Rad eiert nun etwas. Das Nachziehen der lockeren Speichen gelingt mir zwar, aber das gleiche Problem zeigt sich nach 30 Kilometern wieder. Ich bin vorher nie mit so großer Last gefahren und habe

zum ersten Mal gemerkt, dass dieser Umstand eine neue Herausforderung an mein Rad stellt.

Das ist ja noch nicht alles. Das mein Fahrrad am ersten Tag Probleme bereitet ist natürlich ziemlich peinlich für mich. Die Tour geht doch gerad erst los. Auch Johannes kann mir dabei wenig helfen, weil weder er, noch ich Profis im Zentrieren von Rädern sind.

Auch die Strecke wird schwieriger und wir quälen uns über einige schlechte Feldwege. Nichtsdestotrotz, das Ziel Meißen rückt näher und gegen 16:00 Uhr kommen wir dort an, am Haus von Johannes Großmutter.

Sie nimmt uns sofort herzlich bei sich auf. Über unseren Besuch ist sie wirklich sichtlich erfreut und das freut uns natürlich auch. Sie besitzt ein Haus mit großem Garten und einem Weinberg davor. Die Aussicht auf Meißen von hier oben aus ist umwerfend. Da wir passend zum Vespern ankamen, gibt es sogar Pfannkuchen und Tee. Zum Abendbrot gibt es dann noch Brot, mit frischem Käse und allerlei Belag. Da wir am nächsten Tag schon zeitig aufstehen wollen, geht es danach auch schon fast ins Bett.

Wird es wohl das Letzte mal sein, dass wir während der Tour in den Genuss von solchem Komfort kommen? Das klingt möglicherweise ein wenig dramatisch, aber keineswegs unwahrscheinlich. Die nächsten Wochen werden es wohl zeigen.

Bleibt nur noch das Problem mit meinem Hinterrad. Ein wenig verzweifelt durchstöbere ich das Internet nach Tipps, aber werde auch nicht so richtig fündig. Ich lese, dass man einfach die Speichenspannung erhöhen sollte, oder alternativ Schraubenfestiger auftragen kann. Da wir sowas natürlich nicht dabeihaben, ziehe ich einfach alle Speichen nochmal um eine halbe Umdrehung an und hoffe, dass es hilft.

Tag 2 – Entlang der Elbe

Dienstag, 7.07.2015 – Meißen bis Ústí nad Labem (130 km)

Der Wecker klingelt 5:30 Uhr. Es gibt sogar noch Frühstück, weil die Großmutter von Johannes früh mit uns aufgestanden ist. Das ist wirklich sehr lieb. Bevor es mit dem Rad weitergeht füllen wir unsere Flaschen und den 5 Liter Wassersack.

Nur wenige Minuten später sind wir schon auf den Elbradweg, der übrigens perfekt ausgebaut ist. Unser nächstes Ziel ist Radebeul. Dort wartet Jonas auf uns, unser dritter Mann im Bunde.

Mit einem dritten Begleiter kommt, nicht nur mehr Gesellschaft in die Gruppe, sondern auch mehr Equipment. So hat Jonas, als unser zukünftiger Navigator, alles mit, was wir für die Wegfindung brauchen. Da richtige Fahrradkarten auf so einer Tour wichtigen Platz wegnehmen, beschränken wir uns auf die Navigation mit GPS-Gerät und dem Handy.

Spätestens an dieser Stelle ist es wohl angebracht ein wenig über unsere Ausrüstung zu sagen.

Auf dem Weg entlang der Elbe können wir, in diesen frühen Morgenstunden ein schönes Naturschauspiel beobachten. Es bildet sich ein Morgennebel auf dem Fluss, der beinahe gespenstisch, wie ein schwebendes Tuch durch die Landschaft zieht. Die aufgehende Sonne streicht dabei über die Felder und untermalt das Szenario mit einem warmen Ton.

Es hat sich definitiv gelohnt so früh aufzustehen. Das sollte man deutlich häufiger machen, besonders, wenn man von so einem Anblick belohnt wird.

Weiter geht es dann durch Dresden, immer entlang des Elberadwegs. Da dieser leider nicht durchweg so gut ist wie anfangs in Meißen, geht es teilweise wieder über Pflastersteine und andere Unebenheiten. Im Nachhinein, kann ich stark von dem nördlichen Elbufer abraten. Jeder der ein wenig Wert auf sein Fahrrad und dessen Unversehrtheit legt, sollte lieber die südliche Route wählen.

Wenn wir das nur gewusst hätten…

Solche Eskapaden macht natürlich, wie soll es auch anders sein mein Hinterrad nicht sehr lange mit. Nach der Überwindung des Holperweges und einem Blick nach unten, muss ich also feststellen, dass das „Zentrieren“ vom Vortag so ziemlich nichts gebracht hat. Das Rad eiert wieder.

In Pirna versuche ich nochmal die Speichen nachzuziehen, doch so langsam merke ich, dass ich dem Problem nicht gewachsen bin und entscheide mich schnell einen Radladen aufzusuchen. Das verzögert unsere Weiterfahrt möglicherweise ziemlich und besonders jetzt da wir zu dritt sind, ist es etwas unangenehm für mich.

Eine Bürgerin, die ich nach dem nächstbesten Fahrradprofi frage, gibt mir sofort eine Empfehlung und behauptet, den besten Laden der Stadt zu kennen. Dort angekommen bin ich zuerst ein wenig ernüchtert. Der Laden ist sehr klein und in der Tat ein Einmannbetrieb. Ich frage ein wenig skeptisch ob es möglich wäre mein Rad zu zentrieren. Der Ladenbesitzer antwortet, dass Urlauber, insbesondere ahnungslose Studenten für ihn absolute Priorität haben und dass er sich sofort darum kümmern wird.

Da ich mich natürlich für die Lösung des Problems interessiere, schaue ich ihm die ganze Zeit über die Schulter und nutze die Chance auch viele andere Fragen loszuwerden.

Der Fehler ist schnell gefunden! Es stellt sich heraus, dass die durchschnittliche Speichenspannung immer noch viel zu gering ist. Außerdem hatte sich durch mein Einwirken ein Höhenschlag im Rad gebildet, den ich ohne Hilfsmittel nicht sinnvoll berichtigen könnte.

Sehr routiniert hat er das Rad auf dem Ständer zentriert und mir nebenbei alle Griffe und Tricks erklärt. Mich interessiert natürlich, wie ich beim nächsten Mal vorgehen soll. Er antwortet darauf nur, dass Übung den Meister macht und man erst wirklich Zentrieren kann, wenn man das 3 Jahre lang jeden Tag an einem Rad übt. Naja, da hoffe ich ja, dass es für die Tour die letzte Zentrierung ist. Während den eineinhalb Stunden, die seine Arbeit dauerte haben wir uns auch mit viel Humor über allerlei andere Dinge unterhalten. Meine anfängliche Skepsis dem Laden gegenüber ist auf jeden Fall gewichen. Ich würde ihn definitiv weiterempfehlen. Das dann die gesamte Reparatur auch nur 13 € kostet, hat mich sehr überrascht.

Johannes und Jonas haben sich währenddessen die Zeit in der Stadt vertrieben.

Weiter geht es dann mit neuem Optimismus, da sich jetzt hoffentlich das Problem mit den Speichen gelöst hat. Ohne Probleme passieren wir nach der letzten deutschen Stadt Bad Schandau die tschechische Grenze.

Man sollte meinen Landesgrenzen sind mehr politischer Natur, aber auch optisch trifft man hier auf eine andere Welt. Der Elbradweg ist zwar noch relativ gut ausgebaut, aber die ersten tschechischen Städte, wie Ústí nad Labem, unterscheiden sich stark von den deutschen Elbstädten. Wo vorher noch idyllische Dörfchen sind, dominieren hier große Plattenbauten und Industriehäfen das Stadtbild. Man erkennt sofort, dass man in Tschechien ist.

Johannes und Jonas vor dem letzten Bahnhof vor der tschechischen Grenze

Irgendwo hinter Ústí nad Labem campen wir dann direkt neben der Elbe und schlagen damit endlich das erste Mal unser Zelt auf. Es handelt sich um ein Hilleberg Kaitum 2, dass Johannes von seinen Eltern ausgeliehen hat. Es ist ein 3-Mann-Zelt, dass durch das leichte, aber sehr solide Material, nur etwa 3 kg wiegt.

Da aktuell kein Lüftchen weht haben wir das Zelt nur an vier, der möglichen zehn Stellen befestigt. Ich halte noch meine Füße in die Elbe und dusch mich ein wenig ab, während Jonas das Abendbrot vorbereitet. Heute gibt es einfach nur Reis mit Soße. Das ist definitiv kein Festmahl, aber einfach zuzubereiten und halbwegs ausreichend für ein Abendmahl.

Die Sonne geht so langsam unter und wir begeben uns dann auch zum Schlafen ins Zelt. Mit 125 km haben wir eine sehr große Strecke an diesem zweiten Tag zurückgelegt. Das merkt man zwar stark in den Beinen, aber so können wir wenigstens gut einschlafen.

Plötzlich werden wir etwa 24 Uhr aus dem Schlaf gerissen. Es donnert und das Zelt wird durch viele entfernte Blitze erleuchtet. Die erste Nacht im Freien und das erste Gewitter. Das geht ja gut los denken wir uns.

Kaum wieder eingeschlafen, überkommt uns wenig später schon die nächste Überraschung. Regentropfen trommeln gegen die Zeltdecke. Der Wind wird immer stärker und hebt unseren Zeltboden nach oben. Derweil donnert es immer lauter. Das Gewitter ist bei uns angekommen!

Johannes schnappt sich sofort die Tüte mit den Heringen und geht nach draußen um das Zelt komplett abzuspannen. Zwei Minuten später kommt er pitschnass wieder rein. Der Sturm tobt noch eine ganze Weile. Ein bisschen Angst, oder zumindest Respekt empfindet man dann schon, wenn man solch einem Naturschauspiel hautnah ausgesetzt ist.

Tag 3 – Wo schlafen wir heute Nacht?

Mittwoch, 8.07.2015 - Ústí nad Labem bis Mělník (95 km)

Der Morgen startet, wie man es sich vorstellt. Das Gewitter hat einen Großteil der Sachen durchnässt und so sind unter anderem Radhose, Strümpfe und Schuhe komplett nass. Zusätzlich haben wir alle einen kleinen Muskelkater vom letzten Tag in den Beinen, aber es muss trotzdem weitergehen.

Da es noch sehr zeitig ist können wir ähnlich wie am Vortag beobachten, wie sich der Nebel über die Landschaft legt. Es ist bereits jetzt schon sehr warm und eine unangenehme Feuchte liegt in der Luft. Fast wie im Regenwald…

Wieder auf dem Radweg, sehen wir, dass wir diese Nacht ein wenig Glück hatten und nicht noch Opfer anderer Überraschungen geworden sind. Nicht wenige Bäume wurden entwurzelt und die Straßen von herunterfallenden Ästen übersäht. Die Baumreihe neben der wir geschlafen haben, hat dem Sturm glücklicherweise getrotzt und so sind wir von herabfallendem Geäst verschont geblieben.

Der gesamte Tag gestaltet sich immer wieder regnerisch und das Fahren ist nicht sonderlich angenehm. Da wir aber am nächsten Morgen Prag erreichen wollen können wir uns keine allzu großen Pausen leisten.

Das „Hotel“ dazu buchen wir uns ganz schnell online. Wo macht man sowas am besten? Natürlich neben dem nächsten McDonalds.

Wenn man so spontan wie wir bucht, kann man natürlich kein Top-Angebot mehr erhoffen. Wir sind dann aber sehr überrascht, da wir für zwei Nächte, nicht allzu weit weg vom Zentrum eine günstige Unterkunft für insgesamt 50 € erhalten. Wie das Zimmer aussehen soll, wird sich morgen zeigen, aber bei so einer Low-Budget-Reise wollen wir nicht anfangen anspruchsvoll zu werden.

Die schöne Stadt Mělník ist unsere letzte Station an der Elbe bevor es weiter entlang der Moldau geht

Es geht immer weiter entlang der Elbe, mit abwechslungsreicher Landschaft. Von einigen Hügeln, über die bereits erwähnten Industriestädte und andere idyllische Kleinode, wie Mělník bis zum Elbe-Moldau-Kanal. Mittlerweile scheint auch wieder die Sonne. Mit ihr steigt auch unsere Stimmung. Gutes Wetter macht wirklich viel aus!

Kaum hat sich die Sonne gezeigt, geht sie dann auch schon wieder unter. Da es langsam an der Zeit für einen Schlafplatz ist, halten im Wald südlich von Mělník an einer schönen ebenen Fläche. Johannes und Ich springen vom Rad um die Stelle zu inspizieren, als plötzlich ein Polizeiauto auf dem Waldweg hält.

Zum Glück haben wir noch kein Zelt aufgebaut, denn wild campen ist ja in Tschechien, wie in den meisten Ländern illegal. Natürlich erkennt der Polizist allein an unserer Ausrüstung, dass wir genau das vorhaben. Er fragt uns nur, wie lange wir hier schon seien und Jonas antwortet: „2 Minuten“.

Es gibt noch schnell gute Tomatensuppe bevor die Sonne untergeht

Scheinbar will er sich versichern und fragt Johannes, der gerade zurückkommt auch nochmal. Daraufhin antwortet Johannes genauso, wie auch Jonas und der Polizist gibt sich zufrieden, wünscht uns einen schönen Abend und fährt weiter.

Wir haben uns die nächsten Kilometer Gedanken gemacht, was wir davon halten sollen und ob die Polizisten wirklich Wildcamper suchen, oder ob die unerwartete Befragung andere Hintergründe hatte. Natürlich trauen wir uns trotzdem nicht mehr hier zu campen, weshalb wir an der nächsten Bank erstmal anhalten und unsere Tomatensuppe essen. Auch ein Bier zur Belohnung, darf nach unseren insgesamt 300 Kilometern nicht fehlen.

Im Halbdunkeln finden wir noch einen guten Übernachtungsplatz auf einer Anhöhe neben einem Feld, wo wir sehr gut von Sträuchern verdeckt sind. Da uns die Mücken jedoch geradezu zerstechen, geht es auch direkt ins Zelt und Schlafen.

Tag 4 – Man gönnt sich ja sonst nichts…

Donnerstag, 9.07.2015 – Mělník bis Prag (35 km)

Nach dem Zusammenpacken und einem raschen Frühstück geht es direkt weiter entlang der Moldau, mit dem Ziel, gegen Mittag Prag zu erreichen. Einige Kilometer weiter endet der Radweg dann jedoch abrupt, direkt am Fluss.

Auf den ersten Blick sehen wir nur ein Drahtseil, dass über die Moldau, bis an das andere Ufer gespannt ist. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir, dass es sich bei um eine Fähre handeln muss, mit der wir dem Anschein nach auf die andere Seite kommen müssen. Da kein Mensch in der Nähe ist, überlegen wir nur kurz, ob wir sie selbst bedienen sollten. Wir entscheiden uns aber vernünftigerweise dagegen und bleiben vorerst auf dieser Seite der Moldau.

Nach einigen Umwegen erreichen wir endlich Prag, aber haben wieder das Glück, dass es dort wie in Strömen zu regnen beginnt. Durchnässt erreichen wir gegen Mittag das Hotel, für welches wir am Vortag ein Zimmer gebucht hatten.

Die umgerechnet 50€ für 2 Nächte halten was sie versprechen. Das Zimmer ist zwar nur etwa 12m2 groß, aber wir wollen uns hier sowieso nur zum Schlafen aufhalten.

Immerhin gibt es freies W-LAN und die Duschen sind einigermaßen sauber. Zum Trocknen unserer nassen Sachen spannen wir direkt vier Wäscheleinen durch das gesamte Zimmer. Anschließend ist Wäche waschen angesagt. Nach getaner Arbeit geht es auf, die Stadt besichtigen.

Das kleine Hotelzimmer wird mal eben als Waschraum umfunktioniert

Endlich raus aus der Wildnis und in der ersten großen Stadt!

Was uns hier sofort auffällt, sind die vielen Thai-Massage-Studios die in jeder Straße verteilt sind. Auch die Segway-Fahrer, die „kostenlose“ Segway-Touren anbieten machen uns klar, dass Prag schon extrem stark touristisch ist.

Da ist ein Gang zur Touristeninformation schon empfehlenswert. Dort entdecken wir eine kleine Karte von „Use It“, mit der Aufschrift „Free map for young travellers | Made by locals“. Mit vielen Informationen rund um Spezialitäten, gute Bars, Restaurants und Sehenswürdigkeiten, ist die Karte ein tolles Hilfsmittel.

Nach der Besichtigung der Innenstadt, mit der bekannten Rathausuhr, dem Veitsdom und der Karlsbrücke geht es dann auch zur Prager Burg.

Zwischendurch gibt es bereits die erste traditionelle tschechische Spezialität, den Trdelník. Das sind Teigrollen, die über offenem Feuer gebacken werden. Danach werden sie noch in Zucker gerollt und erhalten eine Füllung, wahlweise Marmelade oder Schokocreme.

Überall gibt es ihn hier, den Trdelník

In einem Hinterhof entdecken wir ein kleines Restaurant. Wir gönnen uns ein leckeres Abendessen und natürlich original tschechiches Bier, für etwa 1,2€. Ich bin wirklich begeistert von den Preisen hier und wir nehmen uns vor am nächsten Tag noch mehr Köstlichkeiten zu probieren.

Tag 5 – Letzter Tag in Prag

Freitag, 10.07.2015 – Prag

Da wir alle bekannten Sehenswürdigkeiten bereits gestern besichtigt hatten, steht heute eine genauere Untersuchung der tschechischen Küche auf dem Plan.

Der Větrník und der Indián sind typische tschechische Spezialitäten aus der Patisserie

Dazu geht es direkt früh in die Paneria Kaprova, eine kleine unscheinbare Patisserie in Prag. Dort hole ich mir einen so genannten Větrník.

Das ist übrigens auch eine Empfehlung aus unserem Reiseführer. Ich habe etwas Vergleichbares in Deutschland noch nie gesehen und glaube, dass wir dafür hier auch keinen Namen haben. Deswegen beschreibe ich lieber, wie es geschmeckt hat. Der Větrník ist ein süßes Gebäck aus Brandteig mit Vanillegeschmack. Zwischen den zwei Teighälften befindet sich Schlagsahne mit Karamellgeschmack. Der Höhepunkt ist jedoch die Karamellglasur. Am Anfang isst es er sich sehr luftig und leicht, aber irgendwie stopft er nach einigen Bissen schon sehr. Ich kann mich nicht daran erinnern schon mal sowas Süßes gegessen zu haben und bin wirklich beeindruckt.

Um diese Fettbombe auch wieder abzuarbeiten, spazieren wir noch entspannt durch die Stadt. Auch heute ist das Wetter wieder perfekt und kaum eine Wolke ist am Himmel zu sehen.

Wie es gegen 14:00 Uhr typisch ist, gehen wir in eine kleine Bar an der Moldau und trinken unser erstes Bier des Tages.

So unbesorgt in den Tag reinzuleben ist jedenfalls eine tolle Alternative zum Radfahren. Außerdem wird die Strecke bis Wien, durch das tschechische Mittelgebirge nochmal sehr anstrengend und herausfordernd, aber darüber will heute keiner nachdenken. So haben wir jedenfalls eine Begründung für den zeitigen Bierkonsum gefunden.

So langsam kriegt man dann aber auch schon wieder Hunger und wir statten der Patisserie von heute Morgen nochmal einen Besuch ab. Dort probiere ich dann den Indián, ein kleiner spitzer Turm, mit Nougatfüllung und Schokoladenüberzug. Der Geschmack haut einen echt um. So langsam frage ich mich, was hier in Prag eigentlich nicht lecker ist.

Da der Tag bisher fast ausschließlich aus Essen und Entspannen besteht, wollen wir den Kurs natürlich nicht ändern und so geht es am Abend wieder in das Restaurant vom Vortag. Dort gibt es diesmal für jeden von uns einen Rinderbraten mit Pilzsoße, Knödeln und natürlich Bier. Zwar ist die Portion hier relativ klein, aber es ist trotzdem sehr lecker.

Abschließend kann man sagen, dass der Besuch in Prag im totalen Widerspruch zu dem normalen Reisealltag steht. In Tschechien kann man sich das natürlich auch leisten, denn pro Person kostete alles, was wir diesem Tag gegessen haben insgesamt 11€. Es ist echt schwer, sich vorzustellen, dass es ab morgen wieder in die Wildnis geht. Dort gibt es dann nur noch Reis und Brot…

erstellt von Martin am 1. August 2016

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